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Haarpflege & Co.

No Poo - Hauptsache ohne

Viele Trends in der Kosmetikbranche können von den Herstellern und Unternehmen durch intensive Forschung und dadurch ständiger Weiterentwicklung ihrer Produkte bedient werden. Auch die Clean Beauty Bewegung profitiert davon. Für den „No Poo“-Trend gilt das nicht. Hier steht der komplette Verzicht auf Shampoos im Fokus.

Ob Hautpflege oder Haarpflege - es gibt nicht das eine Produkt für alle. „One size fits all“ gibt es nicht. Kann es auch gar nicht. Dazu sind die Menschen mit all ihren Bedürfnissen, ihren Lebensumständen und erblichen Voraussetzungen viel zu verschieden. 

Hinzu kommt ein gestiegenes Umweltbewusstsein. Hautprobleme und andere gesundheitliche Risiken rücken dadurch auch mehr in den Fokus. Kosmetik soll für manche Konsumenten zu dem aus wenigen, dafür aber möglichst natürlichen Inhaltsstoffen bestehen. Und genau deshalb, das haben die letzten Jahre und die Entwicklungen in der Kosmetikbranche gezeigt: Die Produkte, mit den neuesten Formulierungen, mit neuen Inhalts- und Wirkstoffen, sind personalisierbar und passend. Sie können, wenn Sie wollen, das passende Produkt für ihr Pflegeritual und ihren eigenen Typ finden. 

Die Personalisierung von Produkten spielt bei den Anhängern der „No Poo / Water only“-Bewegung in Bezug auf Haare allerdings keine Rolle. Sie sehen klassische Shampoos nicht nur als problematisch, sondern sogar als schädlich an. Deshalb verzichten sie komplett auf Shampoos (No Poo). Zum Einsatz kommen nur Wasser und unterstützende Dinge wie Roggenmehl, Backpulver, Zitronensaft, Eier und sogar Bier. Um den körpereigenen Talg gut im Haar verteilen zu können, gehört regelmäßiges Bürsten dazu. Auch die Massage der Kopfhaut spielt eine Rolle. Die Natur steht an erster Stelle. Unterstützende Pflegeprodukte wie Shampoos werden regelrecht verteufelt.

Die Anfangszeit scheint hart und gewöhnungsbedürftig

Stöbert man ein wenig im Internet, lesen sich die Erfahrungsberichte über die Anfangszeit des Shampooverzichts sehr ähnlich. Die ersten Wochen seien sehr hart, gewöhnungsbedürftig, gar ekelig. Danach aber würden sich die Haare erholen und sich die Talgproduktion der Kopfhaut normalisieren. Viele rümpfen beim Gedanken an möglich aufkommende Gerüche schon beim Lesen die Nase. Die Anhänger dieses Trends berichten, dass ihre Haare nach einiger Zeit viel gesünder und glänzender aussehen würden als in der Zeit, als Shampoos noch die Reinigung und z.T. Pflege übernommen haben.

Shampoo

Reinigt das Haar, entfernt Schmutz, Fett und evtl. vorhandene Schuppen. Es gibt spezielle Shampoos für die verschiedenen Haartypen, z.B. Schuppenshampoos und Shampoos für trockene Haare.

Eine entspannende und wohltuende Haarwäsche mit Shampoo kommt für die No Poo-Anhänger nicht in Frage.
Eine entspannende und wohltuende Haarwäsche mit Shampoo kommt für die No Poo-Anhänger nicht in Frage.

Der Verzicht auf unterstützende Shampoos ist aber nicht nach jedermanns Geschmack. Menschen mit einer normalen und gesunden Kopfhaut könnten womöglich noch damit zurechtkommen. Aber: Hat jemand Probleme mit seiner Kopfhaut, z.B. juckende Kopfhaut, fettige Kopfhaut, trockene + empfindliche Kopfhaut oder schuppende Kopfhaut kann es quasi zu Funktionsstörungen kommen. So können eine gestörte Feuchtigkeitsbalance, die Veränderung des Talgs an der Luft und/oder durch Abbauprodukte des Talgs durch die Mikroorganismen auf der Kopfhaut z.B. zu Juckreiz und/oder trockener oder irritierter Kopfhaut führen. 

Wissenschaftler haben in einer Studie herausgefunden, dass bei einem Forschungsteam in der Antarktis und auch bei Astronauten auf der internationalen Raumstation, beide Gruppen konnten aus Gründen ihre Haare nicht waschen, der Mikrobengehalt der Kopfhaut auf das 2 bis 3-fache angewachsen ist. Durch den Anstieg der Malassezia-Konzentration verstärkten sich Juckreiz und Schuppenbildung stark.

In dermatologischen Studien wurde auch festgestellt, dass bei manchen Zuständen der Kopfhaut Shampoonieren eindeutig zu einer Verbesserung führt. Weitere Informationen finden Sie unter "The Impact of Shampoo Wash Frequency on Scalp and Hair Conditions" hier.

Malassezia 

Malassezia-Spezies sind Hefepilze, die in der Hautflora eines jeden Menschen vorkommen . Auch wenn viele Menschen Pilze und Hefen auf der Haut mit Krankheiten in Verbindung bringen: Das Vorkommen von Malassezia bei einem selbst muss nicht zwangsläufig schlimm oder unangenehm sein.

pH-Wert der Kopfhaut muss beachtet werden

Man könnte meinen, dass die schuppende Kopfhaut aus einer viel zu trockenen Kopfhaut resultiert. In der Tat können die unangenehmen Schuppen und auch Juckreiz auf trockener Kopfhaut entstehen, aber auch auf fettiger Kopfhaut und für Probleme sorgen. Hier reicht Wasser dann nicht aus. Haut und Haare benötigen Hilfe. In allen Fällen ist eine sorgsame Haut- und Haarpflege mit den geeigneten Produkten wichtig. Sollten sich Probleme, z.B. Schuppen, Rötungen oder Juckreiz auch durch regelmäßige Pflegeroutinen nicht lösen lassen, ist es ratsam einen Dermatologen aufzusuchen.  

Weiterhin ist vielen nicht bewusst, dass die gute Wirkung der „No Poo“- Methode nicht wissenschaftlich belegt ist. Das muss aber nicht bedeuten, dass es nicht funktionieren kann. Aber: Einige der angewandten Methoden können Schäden hervorrufen. Wenn z.B. Backpulver und Apfelessig zur „Haarpflege“ eingesetzt, dabei aber nicht ausreichend verdünnt werden, kann der natürliche pH-Wert der Kopfhaut ungünstig beeinflusst werden. Die Kopfhaut wird irritiert, und auch die Haarstruktur negativ verändert. 

Wie wir jedoch in vielen Artikeln immer betonen: Menschen sind nicht gleich, haben individuelle Wünsche und Bedürfnisse. Jeder muss selbst entscheiden, was am besten funktioniert und gefällt. 

Ausnahmen bestätigen die Regel

Natürlich empfehlen wir den Einsatz von Shampoo & Co. zur passenden Pflege, aber: Viel Shampoo bedeutet nicht unbedingt ein besseres Ergebnis beim Reinigen der Haare. Achten sie auf die Menge. Bei mittellangen Haaren reicht die Menge in der Größe eines Golfballs / einer Walnuss aus. Auch mehrere Waschgänge sind nicht unbedingt nötig. Ausnahmen bestätigen natürlich auch hier die Regel: Sind die Haare extrem verdreckt oder mit sehr viel Stylingprodukt behandelt, sehnen sie sich nach einem zweiten Durchgang. Auch sind die Shampoozusammensetzungen unterschiedlich und ein Shampoo kann besser verträglich sein als das andere. Hier hilft manchmal ausprobieren.

Bei all den Berichten im Internet sind ein paar Fragezeichen übriggeblieben. Deshalb haben wir bei unserer Kollegin Dr. Annette Mehling, Senior Manager: Skin Sciences; BTS and Eurotox registered toxicologist bei BASF, nachgefragt, um aus Fragezeichen Ausrufezeichen zu machen.

Annette, oft ist zu lesen, dass regelmäßiges Waschen mit Shampoo die Talgproduktion der Kopfhaut beeinträchtigt. Andere behaupten, dass diese Produktion rein typenabhängig sei. Was ist richtig?
Annette: Das ist nicht so leicht zu beantworten. Es spielen viele Faktoren eine Rolle, was die Talgproduktion auf der Kopfhaut betrifft. So ist den meisten wahrscheinlich bekannt, dass wenn Personen, z.B. in die Pubertät kommen, die Talgproduktion hormonbedingt verstärkt wird. Auch gibt es Studien, die zeigen, dass Ethnizität und Geschlecht eine Rolle spielen. Es gibt diesbezüglich zu wenig kontrollierte Studien über einen langen Zeitraum, um eine eindeutige Antwort geben zu können.

Wir haben schon oft berichtet, dass niemand „Angst“ vor den Inhaltsstoffen in Kosmetikprodukten haben muss. Wie lautet ein kurzes, knappes Plädoyer für den Einsatz von Shampoos?
A
nnette: Wir haben doch alle bestimmte Wünsche und Ansprüche, wenn es um das Thema Haare geht. Und Shampoos werden mit Blick auf diese Anforderungen hin entwickelt und formuliert. Dadurch können wir unsere Haare pflegen und ihr gesundes Aussehen erhalten. Mir persönlich ist in diesem Zusammenhang eines besonders wichtig zu erwähnen: In der EU wird für kosmetische Produkte, also auch Shampoos, eine Sicherheitsbewertung durchgeführt. Der Einsatz verschiedener Inhaltsstoffe, wie Konservierungsstoffe, werden stark reglementiert und bei manchen Stoffen sogar verboten (Stand Ende 2022: 1328 verbotene Stoffe). Man braucht daher wirklich keine Angst haben, was die Sicherheit anbelangt. 

Wochenlang nicht waschen klingt schmuddelig und ekelig. Was passiert mit den Haaren und der Kopfhaut genau, wenn keine Pflege eingesetzt wird? 
Annette: Auch hier ist es sehr schwierig eine eindeutige Antwort zu geben. Das kommt z.B. darauf an, was auf der Kopfhaut landet, was für Umwelteinflüssen wir ausgesetzt sind und was für Vorerkrankungen vielleicht vorhanden sind. Auch der hormonelle Status spielt eine Rolle. Bestandteile des Talgs können z.B. durch Mikroorganismen abgebaut werden, insbesondere wenn zu viel Talg produziert wird. Es entstehen z.B. freie Fettsäuren, die die Kopfhaut irritieren können. Wenn wir starker Umweltverschmutzung ausgesetzt sind, können die Schadstoffe auch die Gesundheit der Kopfhaut beeinträchtigen. Wenn es heiß ist, man viel schwitzt, kann der gesunde pH-Wert der Kopfhaut möglicherweise verändert werden, etc. Manche Personen Blondieren oder Färben die Haare. Auch das kann Auswirkungen auf die Kopfhaut haben und sie irritieren. Hier ist eine Reinigung und/oder Pflege durchaus sinnvoll. Manche haben lange Haare, andere Kurze und andere gar keine, bei manchen ist es dicht bei anderen dünn. All diese Faktoren können zu unterschiedlichen Reaktionen auf Pflegemittel führen, z.B. wenn Shampoos dadurch schlecht ausgespült werden können und Rückstände auf der Kopfhaut verbleiben, die irritierend, aber auch pflegend sein können. Es ist jedoch auch denkbar, dass es Situationen gibt, in denen man darauf verzichten kann und Wasser alleine reicht. 

Sollen Menschen mit fettigen Haaren nun häufiger die Haare waschen oder eher weniger? 
Annette: Es reicht dabei nicht „nur“ auf die fettigen Haare zu schauen. Es wird auch von den Ursachen und Lebensumständen abhängen. Aber wahrscheinlich ist es besser die Haare öfter zu waschen. Das soll nicht heißen jeden Tag mehrmals. Mehrmals in der Woche wird wahrscheinlich ausreichend sein. Es gibt Studien, die zeigen 1 x täglich führt zu schöneren Haaren und die Probanden fühlten sich besser in ihrer (Kopf)Haut. Aber man soll immer beachten: Wenig wird sich sofort ändern. Veränderungen, sowohl in Richtung Verbesserung als auch Verschlechterung sind im allgemeinen schleichende Prozesse. 

Danke Annette, dass du dir kurz Zeit genommen hast und wir nun das eine oder andere Fragezeichen streichen können.  

Es ist nicht immer nur Schwarz oder Weiß. Jeder hat seine ganz eigenen Bedürfnisse, was Haut- und Haarpflege angeht. Suchen Sie sich das passende Pflegeritual aus. Denn eines ist klar: Pflege ist wichtig und nötig. Und so individuell wie wir Menschen nun mal sind.